Irland

Der Hungerstreik von IRA-/INLA- Gefangenen 1981

von Kirsten Knaack

Hungerstreik der IRA - Einleitung

Am 01. März 1981, anläßlich des 5. Jahrestages der Abschaffung des politischen Status für IRA- und INLA[1]- Gefangene sowie Gefangene der loyalistischen Paramilitärs[2], begannen IRA- und INLA- Gefangene des Gefängnisses Long Kesh[3] zur Durchsetzung ihrer Forderung nach Wiedereinführung des politischen Status[4] einen unbefristeten Hungerstreik.

Der Streik wurde angeführt von dem Office Commander (OC) der IRA- Internierten in Long Kesh, Bobby Sands. Etappenweise folgten ihm weitere Gefangene; bis zum Abbruch des Streiks am 03. Oktober 1981, nach 217 Tagen, starben 10 von ihnen.

Der Tod von Bobby Sands, Francis Hughes, Raymond McCreesh, Patsy O´Hara (INLA), Kevin Lynch (INLA), Thomas McElwee, Joe McDonnell, Martin Hurson, Kieran Doherty und Michael Devine (INLA) führte zwar nicht zur Erfüllung der Forderungen der Gefangenen, hatte aber verschiedene politische Auswirkungen; von einem enormen Anstieg der Sympathien der republikanischen Bevölkerung in den sechs von Großbritannien besetzten Grafschaften[5] im Nordosten Irlands (‘Nordirland’) für die IRA bis zu dem Beginn der Teilnahme Sinn Féins in konstitutionellen politischen Institutionen[6].

Die 10 Toten dieses Hungerstreiks genießen in der republikanischen Bewegung einen Märtyrerstatus[7], der sich im Alltäglichen vor allem in den ‘Murals’ (politische Wandbilder) in republikanischen Vierteln der sechs Grafschaften deutlich zeigt oder in ‘Rebel- Songs’, die sich in der Nachfolgezeit des Hungerstreiks ausführlich und zahlreich mit dem Streik und seinen Toten beschäftigen. Dabei werden in den Texten der Lieder verschiedene Stilmittel benutzt, die bei der HörerInnenschaft propagandistisch wirken können. Die Intentionen dieser Stilmittel sollen anhend der bekanntesten Lieder zum Hungerstreik 1981 ermittelt werden. Hierbei wurden nur Lieder berücksichtigt, die allein das Thema dieses Hungerstreiks beinhalten. Es existieren noch mehrere Lieder, in denen er in einigen Textzeilen Erwähnung findet, aber die Menge der Lieder würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen.

Die Texte der hier erwähnten Lieder wurden teils von mir transkribiert, teils den Beiheften der CDs entnommen.

‘Roll of Honour’ stammt von der MC ‘Roll of Honour’ von der ‘Irish Brigade’ sowie der CD ‘Live at the Brazen Head’ von ‘Éire Óg’; ‘Freedom Fighters’, ‘Martin Hurson’, ‘Kieran´s Song’, ‘Hughes Lives on Forever’, ‘McElwee´s Farewell’ und ‘Ballad of Bobby Sands’ stammen ebenfalls von ‘Roll of Honour’ von der ‘Irish Brigade’. ‘Death before Revenge’ und ‘The People´s Own M.P.’ sind auf der CD ‘Slán abhaile’ von ‘Saoirse’ erschienen. ‘Joe McDonnell’ stammt von der CD ‘Live at the Brazen Head’ von ‘Éire Óg’ sowie von der CD ‘A Sense of Freedom’ von den ‘Wolfe Tones’. Auf ‘Something Inside So Strong’ von Bik McFarlane und Terry O´Neill erschienen ‘Song For Marcella’ sowie ‘O´Hara, Hughes, McCreesh and Sands’.

Zum besseren Vertsändnis der Liedertexte werde ich vor der Textanalyse kurz die Geschichte des Hungerstreiks im irisch- republikanischen Widerstand darstellen, sowie die Abschaffung des politischen Status als Auslöser für die Hugnerstreiks 1980/ 1981 und den Verlauf des
Hungerstreiks 1981 erörtern.

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[1] Die INLA (Irish National Liberation Army) konstituierte sich infolge der Spaltung der IRA/ Sinn Féin (1969) in Official IRA/ Sinn Féin und Provisional IRA/ Sinn Féin. 1975 spaltete sich die IRSP (Irish Republican Socialist Party; politischer Flügel der INLA)/ INLA von den Officials ab, weil sie die nationale Frage gleichberechtigt neben der Klassenfrage sahen. Die Provisional IRA/ Sinn Féin, die bis heute ‘die’ IRA/ Sinn Féin darstellt, war zu diesem Zeitpunkt noch sehr auf die Lösung der nationalen Frage fixiert. Dies sollte sich allerdings mit der Übernahme der Spitzenpositionen durch sozialistisch geprägte Menschen wie Gerry Adams, Martin McGuinness, Alex Maskey u.a. ändern.

[2] UDA (Ulster Defence Association) mit deren Untergruppe UFF (Ulster Freedom Fighters) sowie UVF (Ulster Volunteer Force). Andere Kleingruppen sind wegen ihrer geringen Mitgliederzahl im Kontext der politischen Gefangenen nicht erwähnenswert.

[3] Long Kesh, oder, offiziell, Her Majesty´s Prison ‘The Maze’, wurde außerhalb Lisburns, bei Belfast, am 19. September 1971 erstmals mit Gefangenen belegt. Das Gefängnis, von der republikanischen Bewegung oft als ‘Concentration Camp’ bezeichnet, wurde auf dem Gelände eines ehemaligen Royal Air Force Camps errichtet, weil im Zuge der Internierungswelle von Angehörigen der republikanischen Bewegung im August 1971 in den bereits vorhandenen Gefängnissen (das Schiff ‘Maidstone’ im Belfast Harbour sowie Magilligan bei Derry) zu wenig Platz für die Masse der Internierten vorhanden war (vgl. Taylor, S. 105 ff.).

Zunächst waren die Gefangenen in Nissenhütten untergebracht, die noch aus dem 2. Weltkrieg stammten. Später wurden die stark maroden Hütten durch Neubauten ersetzt, die in der Form einem ‘H’ ähnelten. Daraus leitet sich der populäre Begriff ‘H- Blocks’ für Long Kesh ab, von dem im Folgenden noch oft die Rede sein wird. Jeder H- Block enthält vier Flügel (die Beine des ‘H’), in denen die Gefangenen, aufgeteilt nach den jeweiligen Organisationen, untergebracht sind.

[4] Siehe Kapitel 2.

[5] Im Folgenden als ‘sechs Grafschaften’ bezeichnet, da der Begriff ‘Nordirland’ erstens geographisch nicht korrekt ist, da das Staatenkonstrukt Großbritanniens nicht im Norden Irlands, sondern im Nordosten liegt. Der alternativ benutzte Begriff, vor allem seitens der pro- britischen Seite, ‘Ulster’, ist ebenfalls falsch, da die Provinz Ulster nicht nur aus den sechs Grafschaften Armagh, Fermanagh, Derry, Antrim, Tyrone und Down besteht, sondern insgesamt aus neun, wobei Donegal, Monaghan und Cavan zum Gebiet der Republik Irland gerechnet werden.

[6] Siehe Kapitel 5.

[7] Bobby Sands hatte bereits am Beginn des Streiks eine Vorahnung, was er auslösen könnte, unabhängig von den Forderungen nach Wiedereinführung des politischen Status. So schreibt Danny Morrison (ehemaliger Pressesprecher von Sinn Féin und Schriftsteller) im Vorwort zum ‘Diary of Bobby Sands’: „It would be true to say that he [Bobby Sands] believed the sacrifice of the hungerstrikers´ lives in the absence of the five demands being won could perhaps draw from the Irish people the same response which followed the fatal 1916 Easter Rising- an arousal of nationalism which would seal the fate of British rule in Ireland.“ (‘Diary’, S. 5)

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